Viel zu oft wurden und werden Frauen aus dem öffentlichen Bild gedrängt, ihre Errungenschaften vergessen oder missachtet. Wir als Jugendparlament wollen daher zum diesjährigen Frauenkampftag einige besondere Erlangerinnen sichtbar machen und ihr Geschichten und Erfolge vermitteln.

Luise Kiesselbach
1863 - 1929
Wer von feministischer Geschichte in Erlangen spricht, muss bei Luise Kiesselbach anfangen. 1910 übernahm sie den Vorsitz des Vereins Frauenwohl, der einige Jahre zuvor von Anna Rosenthal gegründet wurde, und trat mit diesem für Frauenarbeit, Mädchenbildung und Frauenrechte ein. Schon ein Jahr zuvor war sei eine der ersten Armenpflegerinnen Bayerns geworden.
Nach ihrem Umzug nach München setzte Kiesselbach dort ihre feministische Arbeit fort, übernahm die Leitung des Vereins für Fraueninteressen und wurde zu einer Führungsfigur der bayerischen Frauenbewegung. Auch um die Paritätische Wohlfahrt machte sie sich besonders verdient. Nach Erlangen kehrte sie mehrmals für Vorträge zurück.
1919 zog sie für die DDP in den Münchner Stadtrat ein und gehörte somit zu den ersten Frauen überhaupt in diesem Amt. Auch dort setzte Kiesselbach sich weiter für soziale Fragen ein, gründete ein Kinder- und ein Altenheim und engagierte sich für Frauen, Alte und Jugendliche.

Emmy Noether
1882 - 1935
Die zahlreichen naturwissenschaftlichen Gelehrten, die Erlangen hervorgebracht hat, überragt Emmy Noether doch um Weiten.
Nach ihrer Ausbildung zur Lehrerin studierte sie in Göttingen und Erlangen Mathematik und promovierte summa cum laude. Als Vorarbeiterin der "Neuen Algebra" entwickelte sie das nach ihr benannte Noethersche Theorem, das sogar Einstein lobte.
1933 wurde Noether wegen ihrer jüdischen Abstammung von den Nazis aus ihrem Lehrstuhl in Göttingen vertrieben, setzte ihre Arbeit jedoch am Bryn Mawr College in den USA fort, wo viele Größen der modernen Mathematik von ihr lernten. Dort starb sie schon zwei Jahre später unerwartet.

Emma Brendel
1895 - 1985
Die Lehrerin Emma Brendel verschrieb ihr Leben der Jugendfürsorge und Mädchenbildung. Geboren in den USA, kam sie 1921 an die Berufsfortbildungsschule für Mädchen in Erlangen.
Neben umfassender Aktivität in Berufsverbänden übernahm Brendel 1932 die Leitung der Berufsschule für Mädchen und wurde damit nach Elise Spaeth zur zweiten Schulleiterin Erlangens, ein Amt, das sie nach der Vereinigung der Berufsschulen nicht behalten durfte. Sie wurde zur "Direktorstellvertreterin" degradiert.
Nach 1945 gehörte sie dem Jugendwohlfahrtsausschuss der Stadt Erlangen an und wurde 1952 für die CSU in den Stadtrat gewählt. 1958 kam noch ein Mandat für den Bezirkstag hinzu. Die Trägerin der Bürgermedaille der Stadt war auch als Bürgermeisterin im Gespräch.

Anna Pirson
1887 - 1976
Anna Pirson widmete sich nach dem Zweiten Weltkrieg der staatsbürgerlichen und sozialen Frauenarbeit und hatte auch den Vorsitz des Deutsch-Evangelische Frauenvereins inne. 1948 wurde sie auf der Liste der FDP zur Stadträtin gewählt und schon ein Jahr später als erste Frau zur Erlanger Bürgermeisterin gewählt.
In dieser Funktion stand sie dem Kultur- und dem Schulreferat vor, wobei sie sich besonders für die Volkshochschule und die Schulausbauten, die in der wachsenden Stadt notwendig geworden waren, einsetzte. Obwohl sie sich später mit ihrer Partei überwarf, war sie weiter im Kulturausschuss aktiv. Auch nach Pirsons Zeit als Stadträtin blieb sie in der evangelischen Frauenarbeit aktiv.

Ilse Sponsel
1924 - 2010
Ilse Sponsel steht ihrem Mann Friedrich, der bis 1980 Bürgermeister für die SPD war, in keiner Hinsicht nach. Als städtische Beauftragte für die Betreuung der ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger setzte sie sich beispielhaft für die Aussöhnung mit den Opfern des Nationalsozialismus in Erlangen ein. Zahlreiche Ehrungen, darunter das Bundesverdienstkreuz, der Bayerische Verdienstorden und die Yad-Vashem-Medaille der israelischen Gedenkstätte, künden von ihrem langjährigen Engagement.

Dinah Radtke
geb. 1947
Dinah Radtke ist Erlangens jüngste Ehrenbürgerin und das auch zurecht. Nach dem Studium in Erlangen - damals war von
Barrierefreiheit noch keine Rede - begann sie sich für die Rechte behinderter Menschen in unserer Stadt einzusetzen. Die Mitgründerin des bis heute bestehenden Zentrums für selbstbestimmtes Leben
(ZSL) sowie dessen Dachvereins war auch lange Zeit Vizepräsidentin der internationalen Behindertenrechtsorganisation Disabled Peoples International.
An der Erstellung der UN-Behindertenrechtskonvention war radtke maßgeblich beteiligt, besonders auf den Artikel 6 "Frauen mit Behinderungen" nahm sie großen Einfluss.
Für ihr Wirken erhielt sie unter Anderem das Bundesverdienstkreuz und die bayerische Verfassungsmedaille.
Wir hoffen, wir konnten euch mit diesen prägenden Persönlichkeiten auch einige Erlangerinnen näher bringen, die ihr vorher vielleicht noch nicht kanntet.
Allen, die sich weiter zu diesem Thema informieren wollen, legen wir den Audioguide der Stadt Erlangen ans Herz. In "Erlangerinnen in Bewegung" werdet ihr einige nun bekannte Gesichter wiederhören und viele neue spannende Damen aus unserer Heimatstadt treffen.